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Panta rhei

Wie Bilder im Kopf entstehen

Wer Fotografie, Grafik und Zeichnungen entdeckt und sich mehr oder weniger ernsthaft daran begibt, die Bildsprache zu erlernen (und weiter zu entwickeln), wird es immer wieder erleben: Das selbe (oder gleiche) Motiv zeigt sich ihm oder ihr immer wieder neu. Ich meine nicht (nur) die durch äußere Umstände wie Jahres- oder Tageszeit, Wetter und dergleichen sich uns ständig in Variationen zeigende Erscheinung des jeweiligen Sujets.

Ein Baum sieht natürlich (das ist wörtlich zu nehmen) in seinem Laubkleid völlig anders aus als “oben ohne” im Winter – mal abgesehen von den zig Variationen der sich nicht zu übersehenden wunderbaren Farbenpracht im Wechsel vom Sommer zum Herbst.

Das Original – kein Unikat
Japanischer Blumen-Hartriegel im Botanischen Garten – Original-Foto

All das macht das “Bildermachen” neben vielen anderen Reizen zu einem spannenden Abenteuer nach dem Motto: “Wer Augen hat zu sehen, der sehe” – Zyniker behaupten allerdings auch: Du wirst dann schon sehen, , was was du dir und deinen Mitmenschen damit bescherst.

Letzteres geschieht mir einigermaßen regelmäßig, wenn ich bis in die Nacht hinein an einem Bild gearbeitet habe und mir im Einschlafen einbilde, ich sei einem guten Weg, ein zweiter Ansel Easton Adams zu werden (berühmter Fotograf des 20. Jahrhunderts) oder würde als eine Art Wiedergeburt Gauguins (oder doch lieber van Gogh`? – aber eigentlich mag ich meine beiden Ohren) eines schönen Tages endlich von Kunstkennern oder solchen, die sich mit dem nötigen Kleingeld dafür halten, entdeckt – aber bitte, bitte vor meinem Dahinscheiden.

“Nett” ist nur selten nett

Am nächsten Morgen schaue ich mir dann hoffnungsvoll mein neues “Werk” noch einmal an – und lösche es ohne Bedauern von der Festplatte: Es war eben doch nur ein, wenn auch netter van Aken. (Dass “nett” die kleine Schwester von “Scheiße” ist, hat sich ja wohl schon herumgesprochen).

Aber darum geht es heute ja gar nicht. Also zurück zum Thema: Worüber sprachen (oder schrieben) wir doch gleich? Ach ja: Was geschieht, wenn ich ein Motiv, das sich selbst gerade nicht zu verändern gedenkt (weil es zum Bespiel zu schneien beginnt oder der Sturm es zerzaust) immer und immer wieder fotografiere, zeichne oder male. Ist doch irgendwie langweilig und wenig sinnvoll, oder?

Das Stillleben lebt – wenn wir wollen

Variationen in der Diaschau (automatischer Bildwechsel)

Nein, natürlich nicht. Wir selbst, als handelnde Personen mit Kamera, Stift, Pinsel und Computer, verändern das ‘ scheinbar unveränderte und unveränderliche Objekt unseres gestaltenden Handels – meistens. Dazu bedarf es übrigens nicht einmal technischer Aktivitäten wie des Serienbildes in der Fotografie oder des Festhaltens der zeitlichen Dimension im Film oder Video.

Dias Auslösen von Foto- und Filmaufnahmen das Festhalten oder das beiseite legen von analogen oder digitalen Zeichnen- oder Malutensilien ist allenfalls das Ende der Gestaltung von Bildern, die zur Erinnerung “geknipst”, gekritzelt oder mit raschem Pinsel hingetuscht werden (Diese Einschätzung ist übrigens kein Werturteil – das wäre der berüchtigte Apel-Birne-Vergleich.

Von der Welt um uns zu den Bildern in uns

Gestalterisches Handeln endet nicht mit dem “festhalten” eines Motivs, es beginnt meist lediglich damit. Zumindest gibt es unzählige Gründe, das, was wir fotografieren, filmen, malen und zeichnen (immer wieder) in seiner Möglichkeit der Veränderung zum Leben zu bringen. Der griechische Philosoph Heraklit nannte das “Pantha rei” – “Alles fließt”. Ein großes Wort.

Mir reicht für die Beschäftigung mit der hier geschilderten und gezeigten Bildgestaltung die übrigens nicht neue Erkenntnis der Tatsache, dass Bilder nicht in der Kamera, auf dem Skizzenblock, der Leinwand oder im Computerprogramm entstehen, sondern in uns selbst; Im Sehen, Fühlen und innerem Wahrnehmen der Welt um uns, die dadurch zur Welt in uns wird.

© 2021 Jos van Aken

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