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Der lapidare Satz „Bilder sagen mehr als tausend Worte“ ist eine typische Binsenweisheit – und kann meinetwegen durchaus so stehen bleiben. Aber was sagt uns das? Nicht wirklich viel. Interessanter ist es schon, sich mit den „Sprachen“ der Bilder zu beschäftigen.
Babylonischer Kuddelmuddel
Ähnlich unseren gesprochenen, gehörten, geschriebenen und gelesenen Sprachen unterscheiden sich Bilder verschiedener „Bildermacher“ ganz erheblich. Aber die vielfältigen Sprachen der Bilder unterscheilden sich in einem l wesentlichen Punkt, nämlich der Verständlichkeit, grundsätzlich von Problemen, die wir fast alle mit gesprochenen und geschriebenen Sprachen der Welt haben (Sprachgenies mal ausgenommen: Dem Normalo-Chinesen ohne Fremdsprachen-Kenntnisse dürfte es schwer fallen, einen Norweger zu verstehen, der etwas in seiner Muttersprache kommunizieren möchte (und vice versa), und der seinen sprachlichen Traditionen innig verbundene Bewohner eines abgelegenen Bergdorfes im Bayrischen Wald wird ohne Hilfe eines Mundart-Dolmetschers früher oder später verzweifelt daran scheitern, sich einem Ostfriesen verständlich zu machen – es sei denn der Mensch aus dem Süden der Republik spräche wie der Typ von der Waterkant ein halbwegs verständliches Hochdeutsch:
Allenthalben stoßen wir an sprachliche Grenzen. Wie oft höre ich den ausgesprochenen oder sichtlich gedachten Stoßseufzer eines Sachsen: : Mein Niedersachse versteht mich nicht. Derlei babylonische Verständigungskonflikte gibt es im Bereich der non verbalen Sprache unserer Bilder eher nicht.
Ob nun der Schöpfer eines Bildes eine Art „Picasso“ ist oder ob Oma Müller sich mit Strichmännchen, Lüftlmalerei oder als „naive Malerin“ mitteilt: Bis auf den Preis für die Werke dürfte sich die vermittelte Botschaf in ihrer Verständlichkeit nur in Nuancen unterscheiden. Dabei ist es meiner Meinung nach einigermaßen unwichtige, ob der oder die „bildnerisch Schaffende“ sich der so von ihm oder ihr so gesehenes und empfundenen Natur bemüht möglichst nahe zu kommen oder ob das Dargestellte – sei es ein dingliches Vorbild oder ein reales Modell, sei es ein Gedanke, ein Traum oder eine Idee sich frei und abstrahierend als zu Bild (oder Skulptur) gewordene Kunst entwickelt.
Kann das weg?
Die dümmlich provokante Frage des Stammtischs „Ist das Kunst oder kann das weg?“ will meist gar keine Antwort oder ernst gemeinte Auseinandersetzung mit dem künstlerischen, also geschaffenen Bild oder Objekt des billigen Spottes. Niemand wird gezwungen, dies oder jenes Bild – sei es eine Fotografie – sei es eine Zeichnung, ein Gemälde oder ein Objekt – zu mögen (bis auf die unsäglichen unübersehbaren und den Betrachtern aufgezwungenen Herrschaftssymbole von Diktaturen – von Hitler über Stalin und Honecker bis hin zu ideologischen, dem gläubigen Volk aufgezwungene Ikonen von Jesus bis Buddha).
Und jeder hat selbstverständlich das Recht, etwas hässlich, nutzlos („kann das weg?“) oder einfach nicht begreifbar zu empfinden. Kritik, auch negative, ablehnende gehört zu meinem Verständnis der Bilder und ihrer Sprachen.
Hier einige meiner ersten Versuche, mich von den Mitteln der Fotografie nach und nach zu lösen und mich den Möglichkeiten der digitalen grafischen Bildgestaltung zu öffnen. Die Instrumente der Computergrafik mit professionellen Programmen wie „Procreate“ oder „Fresco“ können ind sollen bewährte analoge Techniken des Zeichnens in Malens nicht ersetzen. Computergrafik ist anders – für mich faszinierend.
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Das ist nicht immer einfach. Kritik ist nicht „gerecht“, oft auch nicht fair. Sie kann schmeicheln, streicheln, zuschlagen, verletzen und krank machen.
Wer sich auf den Marktplatz oder in die Fußgängerzone stellt und lauthals sein ganz persönliche Meinung oder seinen Glauben verkündet, bedient sich der Sprache; er teilt das, was ihn oder sie bewegt, er teilt sich mit. Wer das tut, darf nicht erwarten, dass das staunende Volk der Passanten ihm gedanklich folgt (oder ihm applaudiert). Was für die verbale Sprache (vor allem in der Öffentlichkeit) gilt, sollte auch nicht auf Äußerungen in deutscher, russischer, englischer oder französischer Sprache beschränkt bleiben. Auch wer sich „auf kreativ“ äußert, stellt sich damit der Diskussion seiner Kreativität.
Aber wer nicht nur spricht oder schreibt, sondern sich auch in der Sprache seiner Bilder kommuniziert, muss wohl oder übel lernen zu akzeptieren, dass die Mitmenschen, denen er in dieser Sprache etwas mitteilt, es entweder nicht verstehen, was ihnen mit der Bildersprache versucht wird zu sagen – oder dass sie dazu ihre ganz persönliche Meinung haben. Erfreulich, dass es auch positive Resonanz gibt – von der Ermunterung bis hin zur Freude.
Ich mag kein Saccharin
Es lohnt sich zu lernen, „angemessen“ mit Kritik umzugehen. Wenn mir ein ewig gestriger Rassist sagt, er oder sie würde gern das Rad der Zeit um „1000 Jahre“ zurückdrehen, dann werde ich mit dem Vollpfosten nicht diskutieren. Ähnlich geht es mir, wenn zum Beispiel versucht wird, einen Künstler – sei es ein Kandinsky, ein Herzfeld, Beuys oder Tinguely – bestenfalls mit hysterischem Augenrollen abzutun, aber im Internetforum seiner Wahl jedes mit Saccharin gewürzte „niedliche“ Kätzchenbild als hohe Kunst missversteht.
Zu mir: Ich verstehe mich nicht als Künstler. Ich versuche lediglich, „meine“ Welt nicht nur in Worten. zu beschreiben, sondern zunehmend auch in der Bildsprache. Jahrzehntelang habe ich das mit Hilfe der Fotografie umgesetzt – seit einiger Zeit bin ich dabei, eine weitere Bildsprache zu erlernen: Zeichnungen und Malerei geben mir die Möglichkeit, über die (wenigen) Grenzen, die mir die Fotografie setzt, ganz und gar „befreit“ meine innere Sicht in Formen und Farben umzusetzen.
Jos van Aken (2021)